Vorläufiger Abschlussbericht 2013

Hallo meine Lieben,

 

ich dachte es ist endlich mal Zeit, einen Abschlussbericht zu schreiben!
Jetzt, nachdem ich auch wieder eine Weile in Deutschland wohne, kann ich auch besser darüber schreiben, was es mir wirklich gebracht hat. :-)
Nehmt euch also ein paar Minuten Zeit! :-)

 

Um mal ganz von vorne anzufangen, knüpfe ich am besten an unsere Ankunft an.
Als wir damals mit einem Tag Verspätung in Accra am Flughafen ankamen, war es dunkel. Ich konnte relativ wenig erkennen, weil ich meinen Blick gar nicht von den Ghanaern abwenden konnte.
Dazu kam die neue Umgebung, die Realisierung, auf einem komplett anderen Kontinenten zu sein, und natürlich die erdrückende Wärme, die ich noch nicht gewohnt war!

 

Unsere Bleibe für die ersten Tage war unser Seminarhaus, das purer Luxus war und jeder hoffte, dass er daheim dann auch normale Duschen habe.
Wir lernten einige geographische Grundlagen, über die Kultur, erste Wörter Fanti und wurden auch unter Anderem in „Do’s und Dont’s“ eingeweiht.

 

Nach ein paar Tagen war es dann soweit - mein Jahr in Ghana konnte beginnen!

 

Doch es war anders als gedacht…
Ein Freund unserer Mentorin brachte uns, meine Mitbewohnerin Marlen und mich, zu unserer neuen Familie, wo wir ein Jahr zusammen leben sollten!
Wir wurden in unser Zimmer gebracht und unsere Gastmutter half uns sofort, die dort zurückgelassenen Sachen der ehemaligen Freiwilligen für uns auszupacken!
Der erste Schock war, dass wir schon mal kein Bett hatten, sondern nur blanke Matratzen auf dem Boden.
Doch der Schock nahm noch kein Ende, als wir das Haus besichtigten…
Die hygienischen Verhältnisse dort, vor allem im Bad, waren keineswegs die, die ich mir vorgestellt hatte! Ein Wald als Toilette wäre mir in diesem Moment lieber gewesen! :-)
Als wir nun unsere Gastgeschenke und Süßigkeiten verteilt hatten, ohne überhaupt zu wissen, wer nun wirklich zu unserer Familie gehört, gingen wir ins Bett.
Völlig überfordert mit den neuen Eindrücken konnte ich auch nicht gut schlafen, da unsere Familie sehr laut war und direkt vor unserem Fenster gekocht hat!

 

Die nächsten Tage haben wir ausgepackt und versucht, es in unserem Zimmer wohnlich zu machen, damit wir uns - und vor allem ich - mich wohlfühlte!
Doch all das half nichts…
Ich habe mich absolut nicht wohlgefühlt dort!
Ich versuchte so oft wie möglich nicht „daheim“ zu sein und nutzte jede Gelegenheit, um mit den anderen Freiwilligen wegzufahren!
Das trieb auch am Anfang einen Keil zwischen Marlen und mich, da wir uns in dieser Zeit nicht wirklich gut verstanden haben.
- Was sich zum Glück nach einiger Zeit besserte und ich eine sehr gute Freundin und Schwester gefunden habe! :-)

 

Nach der ersten Woche kam schon gleich das nächste Schockerlebnis, das ich nie vergessen werde - ich kam ins Krankenhaus!
Mit Verdacht auf Malaria durfte ich ein wenig später trotzdem wieder nachhause gehen. Ich wollte dann aber lieber zu einer Freundin nach Swedru fahren, da ihre Toilette etwas besser war.
Dort ging es mir nach einer Nacht noch schlechter, sodass ich erneut ins Krankenhaus musste und auch über Nacht dortbleiben musste.
Es war nicht nur, dass es der erste Krankenhausaufenthalt für mich war, sondern auch, dass ich mit einer totkranken Malaria-Patientin auf einem Zimmer lag und zudem viele Infusionen bekam. (Nebenbei dachte ich noch, dass die Nadel von der Infusion mindestens 4 cm lang ist und in meiner Hand steckt – kein beruhigender Gedanke. :D)
Zu meinem Glück hat eine andere deutsche Freiwillige in diesem Krankenhaus gearbeitet und mir alles erklärt.

 

Nach diesem Erlebnis war ich mir nun sicher: In meiner Familie in Ojobi möchte ich dieses Jahr nicht verbringen!!
Das war für mich alles zu viel am Anfang…
Auch viele, viele Gespräche mit meiner Organisation ARA vor Ort haben nichts geholfen, sondern die Situation noch verschlimmert!

 

Dadurch, dass in meiner Familie auch viele Jugendliche sind, haben wir viel miteinander unternommen. Nachdem wir auch einige Gespräche mit Geoffrey, unserem Gastvater, führten und wir nach Lösungen gesucht und gefunden haben, wie man die Situation für mich bessern konnte, half dies schon um einiges weiter! :-)

 

Obwohl mein damaliger Freund, der zur gleichen Zeit ein FSJ in Ghana verbrachte – jedoch in einer anderen Gastfamilie in einem anderen Ort - wirklich immer für mich da war und mir half, dass es mir gut ging und ich glücklich war, war die Trennung in dieser Zeit gut für uns!
Ich denke jedem von uns beiden brachte es im Endeffekt weiter!

 

Letztendlich verbachte ich auch mehr Zeit mit meiner Gastfamilie und generell steigerte ich mich mehr in die Kultur rein und wollte Ghana einfach nur noch erleben! :-)

 

Und ich bin wirklich sehr, sehr froh, dass ich in dieser Familie geblieben bin, denn ich habe dort ein zweites Zuhause gefunden!! :-)

 

Ich wusste schon, dass ich, ein großer Liebhaber des Essens, auf einiges verzichten werden müsse, doch diese kulinarischen Erlebnisse waren zu manchen Tagen wirklich hart.
Doch ich bin nun der Meinung, dass der Mensch ein absolutes Gewohnheitstier ist, denn mit der Zeit veränderte sich mein Geschmack und ich habe ghanaisches Essen geliebt! :-)
Trotz dessen war ich immer froh, wenn wir wieder Pakete bekamen, in denen Dosenwurst oder Tütensuppen waren!!

 

Marlen und ich begaben uns mit anderen Freiwilligen immer wieder auf neue Abenteuer und haben von Ghana mehr gesehen, als ich bis heute von Deutschland je gesehen habe! :D
Wir überschritten sogar die Grenzen und reisten z.B. auch nach Togo!

 

Neben dem Reisen gab es aber auch noch die Schule. ;)

 

Da dieses Jahr genügend Lehrer an der Havilah Academy waren, bekamen wir keine eigene Klasse, sondern unterrichteten Creative Arts.
Wir baten oft um mehr Arbeit, irgendwelche anderen Fächer, wobei dies nie wirklich zu Stande kam.
Irgendwann fingen wir an, uns selbst Aufgaben zu suchen und z.B. Sport zu unterrichten oder andere Aktivitäten.
Geoffrey, mein Gastvater und zugleich Schulleiter, lag immer sehr nahe, dass wir in unserem Unterricht den Kindern Kreativität lehren sollen.

 

Hört sich einfach an. Ist es aber nicht!
Die Kinder dort sind ausgezeichnete Künstler im abmalen oder etwas kopieren, aber wenn es darum geht, eigenständig sich etwas zu erarbeiten, Kreativität zu fördern, klappt nichts mehr!
Einfachste Aufgaben, wie die Frage auf einem Steckbrief, was sie später werden wollen, beantworten sie entweder gar nicht oder suchten in ihren Büchern und sei es unter Umständen ein Soldat!
Ebenso die zwei Lieblingstiere fusionieren, um ein neues Tier zu erschaffen, sodass am Ende z.B. der Kopf einer Katze mit dem Körper und Beinen eines Elefanten und wiederrum der Schwanz der Katze, als neues Tier ist.

 

Was nicht nur uns, sondern die komplette Schule erschreckte war, dass am Anfang des zweiten Terms die spartanisch zusammen genagelten Bretter, die als Klassensäle dienten, eingestürzt sind! Und das nicht nur einmal!
Ein Schockmoment für jeden, denn keiner wusste, wie nun der Unterricht weitergehen sollte!
Dank bereits gesammelter Spenden konnten wir dann nun wieder einen neuen Holzbau errichten.
Doch für mich war klar, dass das keine Umstände sind, um dort auf Dauer unterrichten zu können.

 

Deswegen habe ich mein Projekt ins Leben gerufen!!

 

Hier hatte ich eine sehr sinnvolle Nebenbeschäftigung gefunden und versuchte nun, Spender zu animieren, um die neue Schule zu bauen.
Die Idee einer neuen Schule bestand bereits und Dank meiner Vorgängerinnen und Vorgänger wurden hier auch schon die ersten Steinreihen für das Fundament gesetzt! :-)

 

In unserer restlichen Freizeit verbrachten Marlen und ich viel Zeit zusammen.
Ja, wir waren im Prinzip eine Person geworden, denn wir wussten was der andere denkt, ohne dass man es aussprechen musste, oder wenn es einem schlecht ging!
Bei Seminaren waren unsere Mentoren immer sauer auf uns, weil wir immer dasselbe erzählten, aber das kann man nun nicht ändern, wenn man dasselbe Leben führt! :D
Wir unterstützten uns immer, wenn es einem gesundheitlich oder auch psychisch mal nicht gut ging! :-)
Wir haben alles zusammen gemeistert und ich habe eine wirklich gute Freundin gefunden!!!!!!!! :-)

 

Unser Zimmer war nun das offizielle Krankenzimmer und wir, Team-Ojobi, wie wir uns nannten, fungierten als Krankenschwestern und versorgten Wunden und andere Dinge jeder Art!

 

Am Anfang fieberte ich auf das Ende dieses Jahres hin und die Tage bei meinem Countdown auf dem Handy schienen nicht zu vergehen.
Aber plötzlich ging alles Schlag auf Schlag, es waren 250 Tage und wir waren noch total fasziniert von allem, alles war neu.
Dann waren wir schon bei 200 Tagen und wir waren noch damit beschäftigt das Land zu entdecken, hatten uns aber schon eingelebt!
Nun war es Halbzeit, dass Midterm-Seminar rückte an und ich träumte des Öfteren, dass ich daheim in Deutschland bin und wachte heulend auf.
Bald ging es runter auf 100 Tage und wir haben schon Angst bekommen, dass wir irgendwas vergessen könnten zu besorgen.
Die letzten 50 Tage brachen an und wir bereisten noch die Orte, die wir unbedingt sehen wollten.
Noch 10 Tage und alles wurde hektisch…
Die letzten paar Tage noch mit der Familie bringen, die ein Jahr lang unser Zuhause war.
Am letzten Abend nochmal mit allen Freunden trinken und feiern.

 

Die letzten Stunden brachen an…
Es wurde immer trauriger, unser Zimmer war kahl und alles in Koffern verstaut.
Die Besorgungen, die man noch nicht gemacht hatte, waren nun auch überflüssig geworden!
Ich erinnere mich noch genau an die letzten Stunden!
Ich hatte nachts nicht viel geschlafen, weil ich noch bis zum Morgengrauen auf den Rocks, Felsen am Rande Ojobis, saß.
Ich war früh wach, weil alle in meinem Zimmer geschlafen hatten und anfingen die letzten Sachen in meine Koffer zu packen.
Die Leute, mit denen ich viel zu tun hatte, waren permanent bei mir und bei dem einen oder anderen kullerte auch gelegentlich eine Träne runter…
Ich versuchte aber Fassung zu bewahren und stark zu bleiben, obwohl ich innerlich losheulen wollte.
Nun kam das Taxi und der Abschied stand bevor!
Alle versammelten sich auf dem Hof und ich fing an zu weinen, denn wir alle wussten: Jetzt ist es soweit.
Was mir besonders schwer fiel, war meinem Lieblingskind (2 Jahre) Tschüss zu sagen, weil er am Anfang immer weinte, wenn er Weiße Menschen sah, aber ich mich irgendwann mit ihm angefreundet hatte und er immer vor meinem Fenster stand und meinen Namen rief!
Die Fahrt zum Flughafen war die pure Hölle!
Ich hatte gemischte Gefühle, einerseits freute ich mich auf Zuhause, aber andererseits musste ich Ghana verlassen, was auch ein Zuhause geworden war und immer noch für mich ist!

 

Ich wusste, dass sich daheim nicht viel verändert haben kann, denn es ist mein gewohntes Umfeld, in dem ich lebe! Aber Ghana zu verlassen hieß unter Anderem auch, dass es nie wieder so sein wird wie vorher!
Es war ein Jahr mein Zuhause, aber ich werde dort nur noch hinkommen, um Urlaub zu machen und die nächsten Volontäre werden kommen und ebenfalls dort ein neues Zuhause finden. :-)

 

Das Wiedereinleben im Praktischen war für mich nicht sehr schwer gewesen. Jedoch die Kopfsache, alles hinter sich zu lassen, war um einiges schwerer!

 

Das Zitat: „Wir glauben Erfahrungen zu machen, aber die Erfahrungen machen uns.“, stammt glaube ich von einem Franzosen und ist goldrichtig!

 

Ich kam nach Deutschland und habe vieles nicht mehr verstanden…

 

Am Anfang, als ich nach Ghana kam, waren Ängste und Probleme z.B. das erste Mal alleine als Obroni (Weißer) inmitten von Obibinis (Schwarzen) Trotro zu fahren, oder wenn die einzige Geldquelle, die Mastercard, nicht funktionierte, oder man irgendwas Falsches gegessen hatte und auf einer Reise den berühmten „Wasserdurchfall“ bekam, oder dass kein Wasser zum Duschen da war, oder dass es wieder ekligen Reis zum Abendessen gab, oder dass es wieder keinen Strom gab um das Handy zu laden bzw. der Ventilator nicht funktionierte, oder dass der Wäschekorb wieder so voll ist, dass man sich die Hände blutig gewaschen hat, oder dass die Dosenwurst leer ging, oder, oder, oder… :D

 

- Luxusprobleme, nenne ich sie jetzt!

 

Denn in Ghana, oder auch in anderen Dritte Welt Ländern, ist das nicht das Problem.
Nein, das Problem liegt viel mehr im täglich Überlebenskampf, den die Leute jeden Tag aufs Neue bestreiten, um ihre Familien ernähren zu können und ihre Kinder in die Schule schicken zu können, damit sie später einen vernünftigen Job erlernen!

 

Meine Familie dort war keines Falls reich, aber trotzdem glücklich!
Hier geht es nicht drum, wer das neuste Handy oder eine Play Station hat.
Hier findet das Leben draußen statt und komischerweise sind Ghanaer in ihrer Freizeit sehr kreativ und finden zu jedem Problem eine Lösung und basteln sich aus Dosen oder ähnlichen Abfällen wunderschöne und praktische Dinge!

 

Klar sind Ghanaer auch keine Unschuldsengel.
Ich bin auch öfters in Streit mit Leuten geraten, weil sie meinten, nur weil wir weiß sind, sind wir reich.
Aber die meisten Leute hier arbeiten auch hart für ihr Geld, um überleben zu können, aber das sind nochmal andere Dimensionen, als in solchen Ländern.

 


Dort ist es aber jeden Tag dasselbe Ziel, seine Ware bestmöglich zu verkaufen, um abends ein Essen kochen zu können und idealerweise die Kinder auf eine Schule schicken zu können, damit sie lernen können.
Hier rackern sich die Kinder sogar meist nach der Schule noch ab und laufen in den Städten mit Körben auf dem Kopf rum und verkaufen Sachen.
Hier bevorzugen es die meisten Familien, dass die Kinder auf gute Schulen kommen.
Die staatlichen Schulen kosten zwar kein Geld, aber das Lernen ist hier mit Klassen über 100 Schülern kaum gegeben.
Deshalb errichtete der Vater meines Gastvater die Havilah Academy, um ein humanes Lernen zu ermöglichen!
Die Schulgebühren sind hier gering gehalten und dienen nur zum Bezahlen der Lehrkräfte, was man langfristig vielleicht über Spenden finanzieren kann, denn der Beitrag ist ein Witz! :-)
Dass die Havilah Academy eine gute Schule ist, beweist sie jedes Jahr wieder durch einen Test der an über 100 Schulen durchgeführt wird und von den Ergebnissen immer bei den besten 5 liegt! :-)

 

Trotzdem hat mir dieses Jahr die Augen geöffnet und ich sehe, wie gerade schon beschrieben, einiges anders.
Vorher habe ich viele Dinge und Personen als selbstverständlich genommen, obwohl das gar nicht der Fall ist!
Nun weiß ich, dass man für Sachen kämpfen muss!
Und das habe ich mir nun auch vorgenommen! :-)

 

Unter Anderem werde ich mein Projekt auf jeden Fall weiterführen, denn ich bin der Meinung, dass egal von welchem Land oder Herkunft, geschweige denn ob reich oder arm, jeder Mensch Bildung verdient hat!!

 

 

 

An dieser Stelle möchte ich vor allen meinen Spendern danken, die den bisherigen Bau erstmal möglich gemacht haben! :-)

 

Durch rund 7.000 Euro Spende, konnten wir bisher soweit gelangen und haben dorthin auch Hoffnung gebracht!

 

Auch möchte ich meinen Freunden und meiner Familie danken, die mich immer und auf jeder Art unterstützt haben!

 

 

 

 

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